Geschafft!
Ein bewegender Augenblick


Das erste Camp!


Frühstück in der Sonne ...


Kraftakt ...


Schafe flüchten vor dem Jeep


Schönheit im Großen und ...


... im Kleinen!


In den Kratern der erloschenen Kleinstvulkane gedeiht Regenwald


Parasitpflanzen besiedeln den Urwaldbaum


Die grünen Hügel Afrikas ...


Zauberhafte Baumblüte


Massai Palaver


Chyulu Mountains   -
                 Die grünen Hügel Afrikas

Augen auf - Gut geschlafen, ungewohnt aber gut. Der Blick aus dem Zelt in den Morgenhimmel beruhigt, zeigt der sich doch in kräftigem Blau. So fallen die lästigen, morgendlichen Zeltroutinen leicht. In einer halben Stunde ist alles in den Trekkingsäcken verstaut und das Zelt zum Abbau geleert. Unsere schwarzen Betreuer haben derweil den Frühstückstisch im Freien gedeckt. Aber erst einmal umrunde ich den Lagerplatz fotografierend, um zu wissen, wo wir eigentlich logierten letzte Nacht. Eine Baumgruppe am Fuß eines von zwei kleineren Hügeln hatten die Gastgeber für uns ausgesucht. Zwischen uns und den Chyulu Mountains erstreckt sich eine große mit verdorrtem Gras bewachsene Ebene. Die Landschaft weckt Erinnerungen an den Besuch des Massai Mara Nationalparkes vor 13 Jahren. Nur war dort das Gras grün und in der Ebene standen zahllose Zebras, Gnus und andere Antilopen. Weite und Ruhe dieses Landes nehmen mich gefangen.

Trotz leichten Windes kurzärmlig, lasse ich mir Toast, Speck, hart gekochtes Ei, Marmelade und Honig schmecken. Der aus einer Flasche eingeschenkte gelbe Frühstückssaft schmeckt widerlich süß. Muss er auch, denn zum allgemeinen Gelächter entdecken wir schlussendlich, dass er im Verhältnis 1:4 mit Wasser hätte verdünnt werden müssen … Während wir noch heftig kauend genießen, verschwinden unsere Zelte bereits wieder in ihren Packsäcken. Und nachdem wir vom Tisch aufstehen, dauert es kaum mehr eine halbe Stunde, bis vom ersten Camp nichts mehr zu sehen ist. Unsere Trekkingsäcke stapeln sich im Jeep, die meisten anderen Utensilien im Kleinbus. Zum Ausgangspunkt des Trekkings wird uns der Jeep bringen, weil - so Ennok - der Bus dorthin nicht durchkommt - was immer das auch heißen mag. Wir empfangen unsere Lunchboxen für den Tag und dann soll’s losgehen. Eine „technische Verzögerung“ verhindert das einstweilen: Der Bus springt nicht an! Sein Anlasser gibt nur kraftlos ächzende Geräusche von sich. Also anschieben. Alle packen an und schon im ersten Versuch gelingt die „Wiederbelebung“. So, nun alle einsteigen in den Jeep. Alle? In den einen Jeep? Der Fahrer, Ennok und wir fünf? Macht zusammen sieben Personen. Ich sehe aber nur eine Sitzbank hinter dem Fahrer. Unsere Begleiter meinen, das geht schon irgendwie und Ennok macht den Anfang. Er klettert auf die kleine Ladefläche des Jeeps und setzt sich mit dem Rücken zum Fenster auf irgendwelche Gegenstände. Inge - „genetisch für solche Spezialeinsätze hervorragend disponiert“ - steigt kurz entschlossen über die Rückenlehne der Sitzbank und setzt sich aufrecht (!) neben ihn. Roland rechts, Ines in der Mitte und ich links am Fenster (wo sonst) besetzen die Bank. Matthias hat flugs die Beifahrerposition eingenommen. Na also, geht doch!

Wir rollen mit Fahrtziel der vor uns liegenden Bergkette der Chyulus. Einige Kilometer verläuft die Piste durch pures Grasland, das dann mehr und mehr in typisch afrikanischen Busch übergeht. Gegenverkehr gibt’s auch: Unser bulliger kenianischer Fahrer muss einem Laster ausweichen. Auf dessen Ladefläche stehen einige Passagiere, die uns über das Führerhaus hinweg neugierig entgegen blicken. Vielleicht handelt es sich auch um die Verladearbeiter, die das hinter hohen Bordwänden verborgene Transportgut begleiten. - Seit es Bewuchs gibt, der die Übersicht einschränkt und so vor Räubern schützt, sind auch wieder Wildtiere vertreten: Zebras und Antilopen suchen sich ihr Frühstück zusammen.

Mit jedem Kilometer verschlechtert sich die Straße. Ein ums andere Mal muss der Jeep sein überlegenes Fahrwerk ausspielen, um großen Löchern, gigantischen Steinen und vom Regenwasser tief ausgewaschenen Rillen auszuweichen oder sich über sie hinweg zu quälen. Ohne „4-Wheel-Drive“ ein von vorneherein aussichtsloses Unterfangen. Die Gegend ist bewohnt. Zwar sehen wir keine Behausungen, aber immer wieder Hirten der Massai, die mit ihren großen Schaf- und Ziegenherden unterwegs sind. Massenhaft Staub wirbeln die Tiere auf, der gelegentlich sogar die Sicht unseres hart arbeitenden Fahrers erschwert.

Längst hat sich der Charakter der Gegend verändert. Bäume wachsen entlang der Piste, vor allem die dornigen, kleinblättrigen Akazien. Verwirrend und kurvig windet sich die Piste durch das hügelige Gelände. Hin und her, rauf und runter, unterm Strich gewinnen wir stetig an Höhe. Halten müssen wir auch mal. Wieso? Aus demselben Grund wie gestern … Ich hab schon drauf gewartet, weil ich dann in Ruhe ein paar Bilder ohne das Gewackel des Jeeps schießen kann. Kaum aufgesessen und losgefahren, erzwingt eine „tierische Blockade“ den nächsten kurzen Stopp. Ein „typischer“ Massai treibt gerade seine vielköpfige Schafherde über die Piste. - „Typische“ Massai Männer hüllen sich in leuchtend rote Gewänder oder Umhänge, die auch mit blau abgesetzten Karomustern versehen sein können. Außerdem tragen sie einen Stock und einen Speer bei sich. Ob und wogegen sie die Waffe einsetzen, mag ich mir eigentlich gar nicht vorstellen. - Immer wieder ruckt der Jeep ein paar Meter nach vorne, bis die Schafe schließlich in panische Flucht verfallen. Wir „stoßen“ in der entstehenden Lücke nach, sind für etliche Sekunden in dichte Staubwolken gehüllt, bis das Fahrzeug das „Band“ der rennenden Tiere durchschnitten und wieder klare Sicht gewonnen hat.

Immer höher geht es hinauf und immer dichter und artenreicher wird die Vegetation. Die vorherrschende Farbe wechselt von dörrgelb nach grün. Wieder müssen wir halten. Vor uns zeichnet sich eine unüberwindlich aussehende Felsbarriere quer zur Straße ab. Unser Fahrer steigt aus und wir tun es ihm gleich - ganz automatisch. Die starken Regenfälle der letzten Zeit wuschen eine Menge Erdreich weg und hinterließen einen hohen Absatz. Insgesamt muss der Jeep da sicher einen Meter Höhe überwinden. Wie will der Fahrer da drüber kommen? Der steigt seelenruhig ein und macht einen ersten Versuch. Die gewählte Spur liegt zu weit in der Mitte. Er scheitert und versucht es ein zweites Mal ganz rechts, halb in den Büschen. Man würde ihn nicht gerade als „heißen Ofen“ bezeichnen, diesen Toyota-Jeep, aber hier kann er seine waren Qualitäten ausspielen. Das robuste Fahrwerk „krallt“ sich geradezu in den Fels und unter Einsatz aller Pferdestärken schafft die Kiste auch dieses Hindernis. Jedenfalls versteht der Fahrer sein Handwerk, was ja nie schaden kann, bei sieben Seelen an Bord und allen Fährnissen, die da vielleicht noch vor uns liegen …

Aber waghalsige Pistenabenteuer sind nicht mehr zu überstehen. Zwar zwingen Staub, Staub und immer wieder Staub uns häufig die Fenster zu schließen. Auch ist der Weg, je höher wir hinauf kommen, immer dichter zugewachsen. Aber er bleibt klar erkenn- und sicher befahrbar. Schließlich - weit über eine Stunde Fahrzeit ist verstrichen - hält er auf einem Sattel zwischen sanften Kuppen und Ennok gibt das Kommando zum Aussteigen. Ich sehe mich um und schieße schnell ein paar Fotos. Vorherrschende Farbe der Umgebung ist Gelb, jedoch mit einer Menge frischem Grün von nachgewachsenem Gras durchsetzt. Die letzte Regenperiode kann noch nicht lange her sein.

Wir nehmen eine Flasche Wasser entgegen, verstauen sie im Rucksack und verabschieden uns vom Fahrer, der zum nächsten Lagerplatz weiterfahren wird. Ennok weist über die Flanke zur Kuppe des nächstgelegenen Hügels - unser erstes Ziel. Der Grashang weist keine Schwierigkeiten auf. Es ist nicht zu heiß, zudem weht ein laues Lüftchen - also Trekkingvergnügen pur! Ich richte meine Linse mal hierhin, bald dorthin, dann wieder auf ein Blümchen, visiere über einen Baum in die Landschaft oder setze mich leicht seitlich ab, um von der Gruppe ein Bild zu schießen. Die Szenerie weist einen Liebreiz auf, der jedem Naturliebhaber das Herz aufgehen lässt! Unglaublich! Wunderschön! Wenn ich meinen Blick über die bereits tiefer liegenden Kuppen schweifen lasse, kommt er mir in den Sinn, der Titel einer Erzählung Hemingways, die ich vor 13 Jahren mal zu lesen versucht hatte: „Die grünen Hügel Afrikas.“ So wenig mich das Büchlein damals zu fesseln verstand - Jagdgeschichten sind nun einmal nicht meine Sache - so passend scheint mir der Titel für diesen Anblick. Auch wenn die Erzählung seiner Jagdeskapaden in einer ganz anderen Gegend und im Nachbarland Tansania spielt - für mich liegen sie hier zu meinen Füßen - die grünen Hügel Afrikas …

Die erste Höhe ist genommen. Was dahinter liegt, enthüllt einerseits den vulkanischen Ursprung der Chyulu Mountains und bildet zugleich die Voraussetzung für ein einzigartiges Biotop: Was ich für eine Hügelkuppe hielt, ist der Rand eines kleinen, vielleicht fünfhundert Meter weiten Kraters, in dessen Tiefe ein kleiner Regenwald wächst. Nur dort unten finden die Bäume ausreichend und dauerhaft Feuchtigkeit, um zu überleben. Wir umrunden den Kraterrand ein Stück und steigen weiter. Je höher wir steigen, umso mehr erloschene Kleinstvulkane mit Miniregenwald sind auszumachen. Eine ganz und gar faszinierende Landschaft! Kurz unterhalb des höchsten Punktes, den wir in diesen Bergen erreichen werden, lässt Ennok halten: Trinkpause! Getrunken hab ich schnell, Pause brauch ich nicht und so umrunde ich die Gruppe mehr oder weniger ziellos, mal hierhin, mal dorthin. Getrieben von meiner ganz besonderen Jagdleidenschaft, der Unersättlichkeit nach schönen Fotos … Ein „Schnipsel“ Urwald hat es mir ganz besonders angetan. Es ist schon beeindruckend, wie undurchdringlich dicht dieser Wald wirkt, wenn man davor steht. Die untere „Etage“ teilen sich Farne, Blumensträucher und holzige Büsche. Darüber hinaus greifen die unteren Äste der teilweise sehr alt wirkenden Bäume. Schlingpflanzen verweben das Ganze zu einem „Wandbehang“, in den die „Künstlerin“ Natur alle Abstufungen und Schattierungen der Farbe Grün investierte. Nur vereinzelt ist das Holz von Ästen erkennbar und nur an manchen Stellen gelingt es in den Hain vorzudringen. Als wir weiter marschieren und das Wäldchen am oberen Rand passieren, lasse ich mich zurückfallen. Vielleicht gibt es ja noch ein paar Blumen zu fotografieren und außerdem muss ich mal. Tatsächlich sehe ich auch eine Stelle, wo man in das Wäldchen hineinsehen kann. Im Innern hat es tatsächlich den Charakter des Regenwaldes: Dichtester Bewuchs, Baumstämme, auf denen Parasitpflanzen wachsen und sogar feuchte, kühle Luft weht mir aus der Dämmerung entgegen. Nun könnte der Verdacht aufkommen, dass ich Bäume mag!? Ich mag nicht nur Bäume, ich mag den Wald als Ganzes. Einige meiner schönsten Kindheitserinnerungen sind mit Wäldern und dem, was wir alles darin „angestellt“ haben, verbunden.

Die Anderen sind bereits ein ziemliches Stück voraus, haben die flache Senke zwischen diesem und dem nächsten Hügel schon überschritten. Ennok lässt sie kurz warten, bis er mich auftauchen sieht. Keiner hat es eilig. Als gemeinsamer Wesenszug von uns Fünfen - zumindest während dieser paar Tage in Afrika - stellt sich schnell die Abwesenheit jeder Form von Hektik oder Eile heraus. Wir hatten das „Pole, pole - langsam, langsam!“ - schon in uns, bevor es Ennok, zum ersten Mal aussprach, um das vorgesehene Tempo zu beschreiben …

Große Höhenunterschiede sind nun nicht mehr zu überwinden. Der höchste Punkt des Tages liegt hinter uns. Im sanften Auf und Ab der grünen Hügel Afrikas gibt es immer wieder Grund zum Verweilen und Staunen. Mal zieht ein seltsames oder schönes Gewächs die Aufmerksamkeit auf sich, dann eine Blume, ein Baum oder einfach der Blick durch flirrende Luft in die endlose Weite. Oder die Augen folgen einem Vogel und verfangen sich in attraktiven Wolkenformationen. Irgendwann entdeckt auch jemand die Kontur des Kilimanjaro, etliche Kilometer westlich von uns. Schwach aber unverkennbar zeichnet er seine von Wolken unterbrochene Kontur zwischen Mawenzi und Kibo in den Himmel. Heute und immer mal wieder manifestieren sich Zweifel der Gruppe in einem zögerlichen „Und da wollen wir rauf!?“ - Vielleicht habe ich von allen die geringsten Bedenken. Ich war schon ein paar Mal in dieser Höhe und auch ein bisschen darüber hinaus. Andererseits weiß ich, was uns wegen der in so wenigen Tagen unvollkommenen Akklimatisation dort oben erwartet - Schwäche! Nein, ich habe keine Zweifel, dass ich in ein paar Tagen dort oben stehen werde, wenn es Wetter und Gesundheit zulassen. Und ich mache mir auch keine Sorgen um meine Frau. Ines war ebenfalls schon in ähnlichen Höhen und passte sich jeweils deutlich schneller an als ich. Zudem ist sie fit und hart im Nehmen.

Mittagspause! Ennok schlägt vor, sie in einem der kleinen Ur-Wäldchen zu halten, zum Schutz vor der Sonne. Sagt’s und lässt sich auch schon vor einem Stamm als Rückenlehne nieder. Ich bin geneigt mich ihm anzuschließen - der kluge Massai wird schon wissen warum er hier drin bleiben will - lasse mich aber von dem allgemein aufkeimenden Wunsch nach Sonne anstecken. Wir ignorieren die angeborene Intelligenz eines Eingeborenen, melden uns bei Ennok ab und gehen ein paar Schritte auf einen kleinen Hügel. Während alle schon sitzen und ihre Lunchboxen heraus nesteln peile ich erst mal in die Runde, ob es denn etwas „abzuschießen“ gibt. Zwei Verschlusszeiten später mache auch ich mich über die mitgebrachten Köstlichkeiten her. Alle Gespräche verstummen minutenlang. Sitzend, kauend und schauend dauert es nicht lange, bis aus den uns umringenden Wäldchen mehrere tropische Vogelschreie und -gesänge zu hören sind. Herrlich! Nur leise tausche ich mich mit Ines aus - will keinen Vogel vergrämen, noch einen der Wandergenossen stören. Dann hat Ines ihr Mahl beendet, legt sich zur Siesta auf den Rucksack und schließt die Augen …

Beinahe wirkt es störend, als Ennok nach einer Stunde den Wald verlässt und uns vom „Feldherrenhügel“ abholt. Die Bewölkung hat inzwischen stark zugenommen. Wir steigen auf einem Pfad einheimischer Hirten über eine Flanke bald 100 Meter in tiefere Regionen und treffen auf jenen Weg, den der Jeep genommen hat. Da er völlig mit mehr als knöchelhohem Gras bedeckt ist, brauchen wir sicher heute kein weiteres Fahrzeug mehr zu befürchten. Die nächste Stunde folgen wir dem vielfachen Hin und Her der Piste durch die Chyulus. Langweilig wird es dabei nie, zu sehen gibt es dauernd etwas: Schöne Geländeformationen, fremdartige Gewächse, leuchtende Blüten, weidende Rinder der Massai, sanfte Bergrücken vor dem weiß-blauen Himmel. Immer wieder entspinnen sich Gespräche und oft steht Ennok anlässlich unserer Fragen Rede und Antwort.

Kurz nachdem Ennok sich über fünfzig Meter Rufweite mit einem Hirten aus seinem Stamm austauschte - was mögen sie wohl beredet haben? - verlassen wir die Straße und biegen in Richtung eines Wäldchens ab. In seinem Schatten verordnet er uns eine letzte Trinkpause. Wir folgen einem Hirtenpfad der zunächst das Gehölz durchschneidet und sich anschließend über eine recht steinige Hochebene schlängelt. Ennok versammelt die Gruppe um ein enges, offensichtlich tiefes Loch im felsigen Erdreich - der Bau eines Warzenschweines. Er erläutert es auf Englisch. Damit keine Zweifel über die Gattung aufkommen können, kramt er - wie schon mehrfach - seinen deutschen Reiseführer heraus, in dem alle größeren Tiere und Vögel der Gegend abgebildet sind. Ganz sicher also ein Warzenschwein. Kaum zu glauben, dass es sich durch eine so enge Röhre zwängen kann! Ein paar Meter weiter findet sich ein weiterer Ausgang seines scheinbar weit verzweigten Baues.

Offenbar finden Wildtiere auf dieser Hochebene sehr gute Lebensgrundlagen vor. Aus einiger Entfernung machen wir eine vielköpfige Gruppe von Antilopen aus, die sich durch das Fernglas als Kuh- und Elenantilopen bestimmen lassen. Von der Begegnung mit einer Riesentrappe ist noch zu berichten und Perlhühner flüchten bei unserer Annäherung hinter eine Baumgruppe. Leben überall! Auch ganz und gar „unerwartetes Leben“ war vor kurzem hier. Genau hier! Ennok deutet auf einen Pfotenabdruck im Staub des Weges. Jeder Einwohner hier kennt den. Es ist die Spur eines kleinen - aber immerhin - eines Löwen! Ich sehe mich um: Die grünen Hügel Afrikas! Hier gibt es alles von dem Naturliebhaber zu Hause schwärmen, auch außerhalb der Reservate: Zebras, Strauße, Antilopen, Giraffen und … Löwen. Natürlich gibt es hier auch alles, was sie vielleicht fürchten: Schlangen, Fliegen mit Malaria, Parasiten, die andere hässliche Krankheiten übertragen … Daran denke ich dort natürlich nicht - es fällt mir hier an meiner Tastatur ein. Vielleicht, weil ich mir dieses Andenken mitgebracht habe, diesen Zeckenbiss, der mich jetzt Antibiotika schlucken lässt und mir einige „arbeitsfreie“ Tage nach dem Urlaub beschert. Doch dazu später …

Vom Rand der Hochebene blicken wir über die Ausläufer der Chyulus in die weite Ebene davor. Es gilt nun noch ungefähr 200 Meter abzusteigen, dann werden wir unser heutiges Lager erreichen. Wieder begegnet uns ein Massai in Begleitung seiner Tiere. Zwischen ihm und Ennok entspinnt sich ein langes, intensives Gespräch. Während unser Guide wenig Bewegung zeigt, setzt der andere mit seinen langen, schlanken Armen zu weit ausholenden Gesten an. Das entfacht meinen Jagdtrieb bis aufs Blut: Fast am Boden liegend, lichte ich die beiden gegen den Himmel ab und versuche ihre klassisch negroiden Profile im Gegenlicht zu speichern. Und das soll just in einem Moment besonderer Handhaltung geschehen. Keine ganz einfache Aufgabenstellung, aber Dank meiner schnellen Spiegelreflexkamera gelingt es einigermaßen … Ein aufregendes Land sorgt eben für aufregende Bilder.

Dieser Schlusshang beeindruckt vor allem durch den Staub seiner Pfade. Pulverwolken wirbeln unsere Schritte auf, die der Wind dem Hintermann entgegen weht. So gut es geht weiche ich aus, vor allem der Kamera wegen, die ich wie fast immer einsatzbereit in der Hand trage. Auf einer von Hügelkuppen umrahmten Hochterrasse, malerisch zwischen Bäumen und Büschen „drapiert“, stoßen wir auf das Camp. Und dann sehen wir die Sensation des späten Nachmittags! Vielleicht noch ein bisschen unerwarteter und - da „leibhaftig“ - auch beeindruckender als jene Löwenspur: Eine DUSCHE! Mitten in der Wildnis, zwischen äußerstem Schlaf- und Toilettenzelt steht sie. Sie gleicht einem Toilettenzelt mit darüber notdürftig befestigter Gießkanne. Aber das Ding ist schon recht professionell ausgeführt mit kleinem Wasserbehälter, Hahn zum Regulieren des Durchflusses und sogar eine Seifenablage gibt es. Wahnsinn! Die Aussicht, das Gemisch von Schweiß und Staub von der Haut waschen zu können, lässt die ohnehin gute Stimmung euphorische Dimensionen annehmen. - Nun denn: Zelt einräumen und Teatime. Die Dusche ist gefüllt und so kommt einer nach dem anderen in den Genuss sparsam rinnenden, durchaus warmen Nasses von oben. Unvorstellbar, mit wie wenig Wasser man duschen kann - wenn man das will oder muss. Und wir wollen, weil ja keiner so genau weiß, ob wir auch müssen. Jedenfalls sind dann alle „clean“ und der Behälter - mehr als 10 Liter wird er kaum gefasst haben - ist immer noch nicht leer …